Nicht nur, dass das Vogelschießen in Dolberg mit Verspätung begann, nach einem schnellen treffsicheren Auftakt zog sich die endgültige Entscheidung später auch noch enorm spannungsgeladen hin. Peter Hötte ist der neue König des Schützenvereins Dolberg. Nach mehreren Anläufen erfüllte er sich nun einen Lebenstraum. Um 18.27 Uhr setzte er nach knapp drei Stunden mit dem 532. Schuss den entscheidenden Treffer und holte die letzten Reste des widerspenstigen Aars „Prinz Promille“ von der Stange. „Ich habe es jahrelang versucht und hatte es in diesem Jahr gar nicht vor – ich freue mich so!“: Das war die erste Reaktion des neuen überglücklichen Regenten, der Sigrid Kellermann zu seiner Königin berief. Seit Jahren gehörte der neue König immer zu den letzten Schützen, doch Fortuna war ihm nicht hold. Am Ende war es ein Finale, das an Spannung kaum zu überbieten war. Volker Gastring, Heinrich Merhoff, Henrik Schröer, Kai Schürbüscher und Thomas Senf unternahmen über 40 Minuten mit starker Anfeuerung immer neue Anläufe, die Regentschaft zu übernehmen. Um 17.45 Uhr ging erstmals ein großes Raunen durch die Menge, als Thomas Senf dem Korpus des Aars den letzten Rest gab. War das der Königsschuss? Mitnichten. Das wurde den Besuchern schnell klar, noch hing der Stoß an der Grundplatte. „Die Platten sind mehrfach verleimt, wenn die brechen, könnte er kommen“, schwante dem Vizevorsitzenden Werner Schlieper aber ein langes Finale, das dann noch 47 Minuten dauerte, weil sich die Schützen daran sprichwörtlich die Zähne ausbissen. Der scheidende König Benedikt Markenbeck, durch die Coronapausen seit 2019 auf dem Thron, sah sein Regentschaftsende auf Nachfrage derweil gelassen: „Das ist doch super, weil es bedeutet: Es ist wieder Schützenfest.“ Aufgrund der pandemiebedingten Schützenfestausfälle der vergangenen beiden Jahre waren zwei Silberkönige mehr bejubelt worden als üblich – was zu einer zweistündigen Verzögerung des Beginns vom Vogelschießen führte, das erst gegen 15.30 Uhr begann. Gut, dass der Verlauf des Schießens ohne Pausen durchgeführt werden konnte. Gleich die ersten drei Schüsse führten zum Fall der ersten Insignien. Benedikt Markenbeck holte sich mit dem ersten Schuss die außerordentliche Trophäe der „Bierflasche“, Silberkönig Norbert Penger mit dem zweiten Schuss das Zepter und Silberkönig Martin Vieth mit dem dritten Schuss den Reichsapfel. Christoph Echtermann traf die Krone (24. Schuss), Matthias Steinhoff die Schwinge links (155.) und Matthias Growe die Schwinge rechts (257.). Der Stoß fiel zusammen mit dem Königsschuss.Das Schützenfest war außerordentlich gut besucht, viele Vatertagsradler hatten sich den Schützenplatz offenbar als Ziel ihrer Tour auserkoren. Die Lust auf Schützenfest war förmlich spürbar, wie es auch der Vorsitzende Hans Droste bei der Proklamation am Abend passend ausdrückte: „Darauf haben wir 1092 Tage gewartet!“
Das Regentenpaar Peter Hötte und Sigrid Kellermann berief 24 Paare in seinen Hofstaat: Martin Kellermann und Monika Hötte, Silberkönigspaar Norbert Penger und Ursula Berief, Roland Berief und Anja Penger, Martin Vieth und Vera Wienke (Silberpaar 2021), Gerhard Wienke und Christa Vieth, Benedikt Markenbeck und Stepanie Kämper, Philipp Kämper und Jessica Neuhaus, Ralf Brentrup und Christine Schmitthenner, Andreas und Christa Elberg, Jürgen und Sibilla Holtmann, Thomas und Gaby Kalb, Gerd Hüchter und Gabi Kayser-Hüchter, Frank und Christel Huneke, Michael und Anja Krämer, Heinrich und Ricarda Merhoff, Hubert und Nadine Merhoff, Werner und Annette Schlieper, Heinz und Andrea Schlotböller, Thomas und Sabine Schröder, Thomas und Lydia Senf, Christian und Karina Steghaus, Harald Sudhues und Petra Zimmermeier, Ludger Sumpmann und Lisa Kemper, Anton Vertgewall (Silberkönig 2020) und Renate Berkenkemper.
Sehr gut besucht war der Familiennachmittag der Avantgardisten der Dolberger Schützen am Freitag in der Mehrzweckhalle. In diesem Rahmen ermittelten die Kinder ihren neuen Regenten. Am Samstag wurde das Schützenfest mit großem Festumzug, Kranzniederlegung am Ehrenmal und dem Schützenball abgeschlossen. Beim Kinderschützenfest gab es in diesem Jahr eine Neuerung. „Die wollten immer auf einen Holzvogel schießen“, erklärte Christoph Brehe. Ebenso wie bei den Erwachsenen am Vortag, erwies sich auch das Kinderpendant als widerspenstig und fiel erst durch den 256. Schuss von Joel Rogmann um 18.15 Uhr, der sich damit auch die Krone sicherte. Zur Königin erkor er Zoe Copik. Zuvor hatten sich Lukas Kabusch (34. Schuss) den Reichsapfel und Luca Noeske (143.) das Zepter geholt. Das Preisschießen der Kinder gewann Leonard Helmel mit 33 Punkten. Auf den Plätzen folgten Luca Noeske, Niklas Warschnitzka und Matthias Ruhrmann mit jeweils 32 Punkten, die Reihenfolge der Platzierungen wurde durch ein Stechen ermittelt. Die Mehrzweckhalle glich mit ihren vielen Stationen einem Spieleparadies, das sich großer Beliebtheit erfreute. „Mit so vielen Kindern hatten wir gar nicht gerechnet“, zeigte sich Marvin Senf überrascht. Die 200 Spielpässe waren schnell vergriffen, die Avantgarde druckte aber schnell welche nach. Am Ende waren es 419 Stück, die ihre Abnehmer fanden. Weitere Höhepunkte waren die Verlosung mit 30 Preisen sowie der Luftballonwettbewerb auf dem Schützenplatz. Der Samstag bescherte den Schützen für den großen Festumzug mit ihrem neuen Königspaar Peter Hötte und Sigrid Kellermann bei angenehmen Temperaturen Königswetter. Vor dem Abmarsch wurden aber noch die Jubelköniginnen Christel Brehe (Schützenkönigin 1956), Hedwig Stratmann (1960 und 1971) sowie Martha Steinhoff (1961) geehrt. Die diesjährige Spende geht an die Ukrainehilfe, die Summe mit Beträgen aus der Vogelversteigerung, dem Waffelverkauf des Familiennachmittags und einem Teil des Eintritts zum Festball wird erst später ermittelt. Den Betrag erhält eine Ahlener Organisation, die Hilfsgüter in die Ukraine bringt. In seinem Grußwort freute sich Bürgermeister Dr. Alexander Berger, dass nach den Coronaausfällen der vergangenen beiden Jahre endlich wieder Schützenfeste stattfinden können: „Egal wen ich gefragt habe, alle sagten, so schön war es lange nicht mehr.“ Die Schützen erfüllten mit ihrem Ehrenamt und Engagement eine wichtige Funktion in der Gesellschaft. „Wenn Corona uns eines nicht gebracht hat, dann sind es acht Arme, die das Verpasste nachholen können“, bedauerte der Ortsausschussvorsitzende Philipp Gößling die Schützenfestausfälle. Der großen Schützenparade wohnten wieder viele Besucherinnen und Besucher bei. Im Anschluss daran gedachten die Schützen mit einer Kranzniederlegung am Ehrenmal den in Kriegen verstorbenen Dolbergern, den verstorbenen Schützenbrüdern und insbesondere den Opfern des Ukrainekriegs. „Kriege sind keine Naturkatastrophen, sie werden von Menschen gemacht“, mahnte der Vorsitzende Hans Droste in seiner Ansprache: „Nie wieder Krieg muss die Norm unseres Daseins sein.“ Mit dem großen Schützenball endete das diesjährige Schützenfest am Samstagabend.
Quelle: Ralf Steinhorst; Bilder: Ralf Steinhorst, Friederich Kulke